CESNUR - center for studies on new religions

Falun Gong, Meditationspraxis oder buddhistische Schule?

Dr. med. Ermanno Pavesi

1. Kurzer Einstieg

Im Schreiben der römischen Kongregation für die Glaubenslehre über einige Aspekte der christlichen Meditation von 1989 wird erwähnt, dass der häufige Kontakt mit anderen Religionen auch die Frage nach dem Wert aufwerfen kann, den nichtchristliche Meditationsformen auch für den Christen haben können. Dabei wird u.a. zwischen einem "therapeutischen" Gebrauch der Meditationsmethoden (zur Beruhigung und Entspannung in der Hektik des modernen Lebens) und der Suche nach "geistigen Erfahrungen" unterschieden. Das Schreiben betont, dass geistige Erfahrungen verschiedener Religionen verschiedene Gottesbilder voraussetzen und dass östliche Vorstellungen von einem unpersönlichen Gott mit dem Glauben an den einen und dreifaltigen Gott unvereinbar sind.

In einem gemeinsamen Dokument der Päpstlichen Räte für die Kultur und für den interreligiösen Dialog Jesus Christus, Bringer des lebendigen Wassers. Eine christliche Überlegung zu "New Age" (erschienen 2003) wird auf die Sympathie des New Age für die östliche Spiritualität hingewiesen und auf die Tatsache, dass nicht allen die anthropologischen, weltanschaulichen und theologischen Grundlagen solcher Spiritualität und ihre Unvereinbarkeit mit vom christlichen Glauben bewusst sind. Es wird zum Beispiel betont: "Viele sind überzeugt, dass man ohne Gefahr die östliche Spiritualität übernehmen könne, aber das Beispiel der Transzendentalen Meditation (TM) sollte die Christen wachsam machen bezüglich der Möglichkeit, unbemerkt eine andere Religion (in diesem Fall den Hinduismus) zu praktizieren, trotz dem, was TM-Vertreter über ihre religiöse Neutralität behaupten" (Pontificio Consiglio della Cultura, Pontificio Consiglio per il Dialogo Interreligioso, Gesù portatore dell'Acqua Viva. Una riflessione cristiana sul New Age. 6.2).

Der heutige Christ wird ständig mit einem großen Angebot an Entspannungsübungen, Körpertherapien, Meditationskursen und spirituellen Erfahrungen konfrontiert, es ist deshalb notwendig, die anthropologischen und theologischen Grundlagen der jeweiligen Schule zu untersuchen, um nicht Gefahr zu laufen, sich gutgläubig auf irgendeinen Kurs zur Entspannung einzulassen und dabei die Unterweisung in einem religiösen, mit dem eigenen Glauben unvereinbaren System zu erhalten. Der vorliegende Artikel versteht sich als Beitrag zum besseren Verständnis der Lehre des Falun Gong.

2. Die Bewegung Falun Gong

Die chinesische Bewegung Falun Gong, von Li Hongzhi gegründet, macht seit Jahren immer wieder Schlagzeilen sowohl wegen spektakulärer Massendemonstrationen in der Öffentlichkeit wie auch wegen der Vielzahl der Anhänger. Großes Aufsehen erregte zum Beispiel am 25. April 1999 in Peking der öffentliche Protest von mehr als zehntausend Mitgliedern gegen eine massive Pressekampagne, die die Bewegung eher als Sekte hinstellte, und für die öffentliche Anerkennung des Falun Gong. Seit Juli 1999 wird die Bewegung von den chinesischen Behörden verfolgt. Die chinesische Regierung wirft der Bewegung vor, u.a. für den Tod von mehr als tausend Anhängern verantwortlich zu sein, die in der Hoffnung auf eine Heilung ihrer Krankheiten durch das Praktizieren des Falun Gong die ärztliche Behandlung abgebrochen hätten. Die Bewegung behauptet, dass Tausende von Anhängern nicht nur diskriminiert, sondern auch in Arbeitslager oder Kliniken eingewiesen worden seien und dass Hunderte von ihnen während der Haft an der Folge von Folterungen gestorben seien. Die Behörden erklärten dagegen solche Todesfälle entweder als Suizide oder als natürlichen Tod. Die chinesischen Behörden schätzen die Anzahl der Anhänger auf 2 Millionen, Vertreter der Bewegung sprechen dagegen von 100 Millionen. Unabhängige Spezialisten rechnen mit nicht weniger als 40 Millionen. Dabei ist eine ernst zu nehmende Wachstumsrate festzustellen, da diese Zahlen in etwa 10 Jahren erreicht worden sind. Die Schätzung dieser Zahlen wird dadurch erschwert, dass ein offizieller Beitritt nicht vorgesehen ist. Interessierten wird empfohlen, mit offiziellen Vertretern des Falun Gong Kontakt aufzunehmen, die sie auf die nächstgelegenen Gruppen verweisen, um in einer Gruppe die Übungen zu praktizieren und die Werke des Meisters zu studieren, ein direkter Kontakt der Anhänger zu einer Gruppe ist jeodch nicht unbedingt nötig.

Innerhalb weniger Jahre hat sich die Bewegung weltweit in über vierzig Ländern verbreitet. Eine erste Information über diese Bewegung kann direkt im Internet gewonnen werden, wo sowohl Texte und Bücher des Gründers sowie allgemeine, von Anhängern vorbereitete Informationen gelesen und kostenlos heruntergeladen werden können. In deutscher Sprache finden sich Texte z. B. in den Internetseiten www.falundafa.org und www.falundafa.de, wo u.a. die Theorie so vorgestellt wird: "Falun Dafa, auch Falun Gong genannt, ist eine Meditationspraxis für Körper und Geist, wobei der Praktizierende die höchsten Prinzipien von Falun Dafa - Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit, Nachsicht - und die fünf harmonischen, leicht zu erlernenden Übungen in sein alltägliches Leben integriert.

Das Buch Zhuan Falun, das Hauptwerk von Falun Dafa, ist eine Anleitung, die Menschen hilft, körperliche Gesundheit zu erlangen und zu innerer Ruhe und Stärke zu finden, so dass sie dem Leben mit mehr Gelassenheit begegnen können".

Die Organisation des Falun Gong unterscheidet sich von derjenigen anderer neuer religiöser Bewegungen. Es entstehen zum Beispiel keine finanziellen Verpflichtungen, und der Kontakt der Schüler kann sehr locker sein, allenfalls nur via Internet. Es handelt sich um die erste wichtige Bewegung dieser Art im "Internet-Zeitalter".

3. Li Hongzhi, der Gründer

Das Buch Zhuan Falun enthält neben den bearbeiteten Abschriften von Kursen Li Hongzhis auch eine Biographie des Meisters. Li Hongzhi wurde am 13. Mai 1951 geboren. Bereits im vierten Lebensjahr wurde er von "Meister Quanjue, dem Meister der zehnten Generation des buddhistischen Dharmas" (Li Hongzhi, Zhuan Falun [Deutsche Version], Ost-West-Verlag, Bad Pyrmont, 1998. S. 345. Die meisten Zitate in diesem Artikel stammen aus diesem Werk, wobei durch bloße Angabe der Seite auf es verwiesen wird; es wird wörtlich zitiert, auch wenn es hinsichtlich des Deutschen zu wünschen übrigläßt.) in den "Kultivierungsweg" eingeweiht, der in der Übung der angeblich grundlegenden Gesetze des Kosmos besteht: Zhen (Wahrhaftigkeit), Shan (Barmherzigkeit) und Ren (Nachsicht, Toleranz).

"Mit acht Jahren erzielte Li Hongzhi das hohe Gebot und erwarb sich schon große übernatürliche Kräfte. Wenn er beim Versteckspiel mit seinen Spielkameraden bei sich dachte, dass niemand ihn sehen sollte, dann konnte ihn tatsächlich niemand bemerken, auch wenn man mit einer Taschenlampe sein Gesicht beleuchtete. Er konnte mit der Hand leicht lange verrostete Nägel herausziehen, die in ein Holzstück eingeschlagen waren. [...] Wenn er sah, dass sich zwei Kinder raufen wollten, brauchte er nur zu denken, dass der eine sich dem anderen nicht nähern sollte, dann konnte dieser wirklich keinen Schritt nach vorn tun. [...] Später kam er plötzlich auf eine Idee: Wie würde ich mich fühlen, wenn ich mitten in einer Fensterscheibe stünde? Als er daran dachte, stand er schon in der Scheibe. Er spürte am ganzen Körper und auch am Kopf die Glasscherben, was für ihn unerträglich war. So dachte er, dass er sofort heraus müßte. Bei diesem Gedanken war er schon aus den Glasscherben gekommen" (S. 347-348).

Als Li bei dem jeweiligen Meister eine hohe Kultivierungsebene erreicht hatte, "kam ein neuer buddhistischer oder taoistischer Meister" (S. 350). Diese Kultivierung erfolgte zum Teil aktiv durch Übungen, aber auch passiv: "Im Schlaf fühlte er oft, dass der Meister etwas in sein Gehirn bzw. in sein Himmelsauge einsetzte" (S. 349).

1984 realisierte Li, dass der traditionelle Kultivierungsweg eher für Mönche möglich ist, aber für die "normalen Menschen", die meistens von den alltäglichen Verpflichtungen voll in Anspruch genommen werden, schwer praktizierbar ist. "Deshalb war er dazu entschlossen, den Falun Gong zu schaffen, der für die Kultivierung normaler Menschen geeignet ist. (Weil der Falun-Xiulian-Dafa - der Falun-Kultivierungsweg für die Kultivierung zum Buddha - den er selbst kultivierte, ein grandioser Kultivierungsweg ist und nicht in großem Maßstab popularisiert werden kann.)" (S. 352).

Mit Hilfe seiner buddhistischen, taoistischen und sonstigen Meister entwickelte Li den Falun Gong: "Jede Haltung, jede Bewegung im Falun Gong wurden unter der Anleitung der Meister durch wiederholte Überarbeitung, Begründung und mehrmalige Demonstrationen und Versuche festgelegt" (S. 352).

Im Mai 1992 trat Li Hongzhi erstmals in der Öffentlichkeit auf.

4. Die Lehre

Li hat seine Lehre in einem Buch systematisch dargestellt: "Was ich dem Menschen bei der Kultivierung zur Verfügung stellte, ist eben  ZhuaZhuan Falun'. Dieses Buch stellt das systematische Buddhagebot dar. Alles andere, was ich erkläre, dient nur zur Erklärung von 'Zhuan Falun' als Hilfsmaterial" (Li Hongzhi, Falun-Buddhagebot. Erklärung des Gebots in Sydney, S. 12). Aus diesem Grund stützt sich die vorliegende Darstellung der Lehre auf dieses Buch.

Li räumt in seinem System dem Buddhismus und dem sogenannten Buddha-Gebot eine zentrale Rolle ein: "Es ist von alters her ausschließlich das 'Buddha-Gebot', das die verschiedenen Räume, in denen die Menschen und die Materie existieren, das Leben und den ganzen Kosmos gründlich erklären kann" (S. 2). Mit den Sinnesorganen kann der Mensch nur eine niedrige Ebene der Realität wahrnehmen und das daraus resultierende Weltbild ist für Li nur eine Täuschung: "Der Buddhismus vertritt die Meinung, dass alle Phänomene in der menschlichen Gesellschaft Trugbilder und nicht echt sind" (S. 46). Die Realität besteht aus verschiedene Ebenen, und nur das Buddha-Gebot wäre in der Lage, die tieferen, bedeutungsvollen Dimensionen der Realität aufzuschließen und zu erklären. Auch in diesem Kontext zitiert Li die These von Schakjamuni (eine Bezeichnung für Gothama Buddha, auf deutsch ist die Formel Shakjamuni geläufiger), "dass es, auf Mikrosicht gesehen, dreitausend Welten in einem Körnchen Sand gibt. […] Wenn das wirklich so ist, denkt mal, gibt es nicht in den Welten im Sand noch Sand? Und gibt es in den Sandkörnchen in dem Sand noch dreitausend Welten? […] Deshalb hat Schakjamuni auf seiner Ebene folgende Worte gesagt: 'Nach außen hat der Kosmos keine Grenze, und nach innen kein Ende'" (S. 290-291)

Li ist aber überzeugt, dass die historischen Formen des Buddhismus nur zeitlich bedingte Ausformungen des Buddha-Gebotes darstellen. Der Mensch habe sich in den letzten 2000-2500 Jahren verändert, sodaß frühere buddhistische Schulen, wie andere Weltreligionen auch, dem heutigen Menschen nicht mehr angepaßt sind. "Die großen Erleuchteten wie Jesus, Buddha Schakjamuni, Lao Tse und andere traten vor ca. 2000 Jahren auf. Die Menschen von damals waren anders als die Menschen von heute. […] Alles, was diese großen Erleuchteten damals verbreiteten, können die jetzigen Menschen nicht begreifen" (Falun-Buddhagebot, S. 3).

Für Li drängt sich heute eine neue Erläuterung der Realität und des Menschen auf, dabei spielt die Auffassung von Qigong (Qi bedeutet Lebensenergie, Gong Kultivierungsweg, sodaß Qigong als Weg zur Kultivierung der Lebensenergie übersetzt werden kann) eine zentrale Rolle, "Qigong ist nur eine neu entstandene Terminologie, um der Ideologie der jetzigen Menschen entgegenzukommen" (S. 25). Die Entwicklung der verschiedenen Qigong-Schulen wird von Li gerade als Zeichen des Versuches gedeutet, den neuen Bedürfnissen der Menschheit zu entsprechen, mit einer neuen Formulierung für alte Theorien. Solche Schulen wären aber auf einer niedrigeren Ebene geblieben, sie hätten sich auf die Kultivierung der Körperbewegungen und auf die Suche nach Gesundheit beschränkt. Li legt dagegen hohen Wert auf die Kultivierung der geistigen Natur (Xinxing), auch wenn er sich immer noch auf das Qigong bezieht: "Obwohl ich heute das Gebot in Form von Qigong verbreite, wissen alle jedoch, dass ich das Buddha-Gebot verbreite" (Falun-Buddhagebot, S. 3).

Li ist überzeugt, als erster in der Geschichte der Menschheit bestimmte Kenntnisse offenbart und neue Kultivierungswege erarbeitet zu haben. "Ich habe gesagt, dass ich etwas getan habe, was keiner vorher getan hat. Dadurch habe ich die weiteste Tür geöffnet. […] Bei unserer Kultivierungsschule ist die Kultivierung so festgelegt, damit du selbst die Kultivierungsenergie wirklich bekommen kannst. Das ist nur das erste und einzige Mal, seit Himmel und Erde entstanden sind" (S. 285).

Neben dem Buddhismus spielt auch der Taoismus eine Rolle: "Überlegt euch mal, in diesem Kosmos gibt es zwei große Schulen, die buddhistische und die taoistische Schule. Es könnte keinen vollständigen Kosmos geben, wenn irgendeine davon ausgeschlossen wäre. Deshalb gibt es bei unserem Weg auch etwas Taoistisches" (S. 164).

Für Li ist das Weltall unendlich alt, die Menschheit existiert auch seit sehr langer Zeit: "Einmal habe ich genau untersucht und festgestellt, dass die Menschheit schon 81 Male total vernichtet wurde und nur ganz wenige Leute überlebten"(S. 21). Frühere Kulturen hätten bereits einen sehr hohen Wissensstandard erreicht, Li erzählt zum Beispiel von einem Kernreaktor, der vor 2 Milliarden Jahren gebaut wurde: "Er war 500000 Jahre lang im Betrieb" (S. 20).

Ein zentraler Punkt der Lehre ist der Glaube an die Reinkarnation. Der Mensch besteht aus einem Gemisch aus guter, weißer Substanz (De) und böser, schwarzer Substanz (Yeli), deren gegenseitiges Verhältnis zum Zeitpunkt der Geburt vom Verhalten in früheren Existenzen abhängt, und durch spätere gute bzw. böse Taten verändert wird. Die Beseitigung der schwarzen Substanz ist in der irdischen Existenz schwierig: Der "normale Mensch" strebt nämlich nach Ruhm und Reichtum und denkt vor allem an den eigenen Vorteil. Der Schüler sollte sich anders verhalten: er sollte auf die Befriedigung von egoistischen Bedürfnissen verzichten und sogar Demütigungen und Ungerechtigkeiten ertragen können, wohl wissend, dass Selbstaufopferung zur Läuterung früherer Schuld beitragen kann und das Yeli vermindert. Eine ähnliche Wirkung hat das Ertragen vom Schmerz:

"Bei der Kultivierung muß einer lange im Lotussitz bleiben, wobei er ein schmerzendes und betäubendes Gefühl bekommt. Und wenn es noch länger dauert, beginnt es am Herzen zu nagen, und zwar immer stärker. [...] Wenn einer leidet, wird sein Yeli beseitigt und in die De-Substanz umgewandelt. Wenn er Schmerzen bekommt, beginnt es schon, das Yeli zu beseitigen" (S. 133).

Die Kultivierung des Menschen besteht aus zwei Aspekten, die Steigerung der Energie (a) und ihre Kultivierung (b).

a) Die Steigerung der Energie

Der Mensch kann die eigene Energie durch körperliche Übungen steigern, und ein wichtiger Teil des Falun Gong besteht gerade in der Ausführung der 5 Bewegungen, die von Li bearbeitet worden sind: 1. Der Buddha breitet eintausend Hände aus; 2 Gebotsrad-Pfahlstellung; 3. Die beiden Pole miteinander in Verbindung bringen; 4. Gebotsrad-Himmelskreis; 5. Verstärkung der übernatürlichen Kräfte.

Der Falun Gong bietet aber auch andere Möglichkeiten zur Steigerung der Energie. Li erwähnt zum Beispiel, das Falun, ein "Gebotsrad", im Bauch seiner Anhänger einsetzen zu können: "Das Falun (Gebotsrad) steht im Zentrum der Kultivierung des Falun-Buddha-Gebots. Das Falun ist ein intelligenter rotierender Körper aus Substanz mit hoher Energie. Das Falun, das ich dem Anhänger am Unterbauch eingesetzt habe, dreht sich 24 Stunden täglich ununterbrochen (wenn derjenige, der sich wirklich kultiviert, meine Bücher liest, sich meine Videokassetten über die Erklärung des Gebots ansieht, meine Tonbänder über die Erklärung des Gebots hört oder mit anderen Anhängern die Kultivierungsübungen zusammen kultiviert, kann er ein Falun bekommen). […] Dreht sich das Falun nach innen (im Uhrzeigersinn), wird der Praktizierende selbst erlöst, es wird eine große Menge Energie aus dem Kosmos aufgenommen und zu Gong, der Kultivierungsenergie, evolviert. Dreht sich das Falun nach außen (gegen den Uhrzeigersinn), werden andere erlöst, es wird Energie abgegeben, alle Lebewesen werden erlöst und alle unrichtigen Zustände berichtigt" (Li Hongzhi, Das große Vervollkommnungsgesetz des Falun-Buddha-Gebotes, Ost-Zhou-Verlag, Bad Pyrmont, 1998, S. 4-6) .

Durch die angeblich pausenlose Drehbewegung des Gebotsrades würde die innere Energie schneller und stärker wachsen als mit anderen Methoden. Die Aufnahme von kosmischer Energie wird ziemlich materialistisch aufgefaßt, Li berichtet z.B., dass in einem Park Kiefer abgestorben seien, weil durch schlecht praktizierte Qigong-Übungen ihnen die Lebensenergie entzogen wurde. Die Lebensenergie verschiedener Lebewesen würde besondere Eigenschaften besitzen, so hätte man die Verantwortlichen aus dem Harz-Geruch der Kiefer erkennen können (vgl. S. 278).

b) Die Kultivierung der Energie

Der Anhänger muß die Energie kultivieren durch eine moralische, an die Gesetze von Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Toleranz orientierte Haltung, die seine geistige Natur (Xinxing) erhöht.

Laut Li Hongzhi bewirkt die Kultivierung eine Umwandlung des materiellen Körpers: "In diesem Änderungsprozeß werden die Zellen des Menschen allmählich durch Substanz hoher Energie ersetzt. Die Alterung wird dadurch hinausgezögert. Der Körper sieht so aus, dass er in Richtung junger Menschen zurückgeht. Er wird allmählich umgewandelt, schließlich wird er durch die Substanz hoher Energie ersetzt. Zum Schluß wird der Körper dieses Menschen zu einem anderen mit anderer Substanz umgewandelt. [...] Dann ist sein Körper ein unsterblicher Körper" (S. 175). Aber auch das Gegenteil ist möglich. Die Zunahme der schwarzen Substanz in dieser Existenz wird sich auf die zukünftigen Verkörperungen negativ auswirken: "Du bekommst in der Zeit von ein paar hundert Jahren keinen menschlichen Körper. Über tausend Jahre bekommst du einmal einen menschlichen Körper. Aber du verstehst nicht, deinen menschlichen Körper hochzuschätzen. Wenn du in deinem nächsten Leben zu einem Stück Stein wirst, kannst du für zehntausend Jahre nicht wiedergeboren werden. Falls der Stein nicht zersplittert und verwittert, wirst du nimmermehr zur Wiedergeburt kommen" (S. 71).

Der Kultivierungsprozeß wird auch vom Meister überwacht. Durch seine hohe Kultivierung hätte Li unzählige Gebotskörper entwickelt: "Der Gebotskörper selbst ist ein vollständiges selbständiges und wirkliches Lebewesen. Deshalb ist er selbst auch in der Lage, irgend etwas zu erledigen. […] Dieses Lebewesen hat keine feste Gestalt, es kann sich vergrößern bzw. verkleinern. Manchmal wird es so groß, dass man nicht einen ganzen Kopf des Gebotskörpers beobachten kann; manchmal wird es sehr klein, sogar kleiner als eine Zelle" (S. 178). Durch die Gebotskörper kann Li jedem Anhänger beistehen: "Mein Gebotskörper weiß alles. Woran du denkst, ist ihm klar. Und er ist auch in der Lage, alles zu tun" (S. 153-154). Ein solcher Schutz ist möglich, "weil ich unzählige Gebotskörper habe, die auch meine äußerst starken und übernatürlichen Kräfte besitzen. […] Außerdem stehst du unter dem Schutz meines Gebotskörpers. So kann dir keine Gefahr passieren" (S. 121).

Eine weitere eigenartige Vorstellung von Li ist, daß Tiere sich kultivieren möchten, sie selber aber es nicht tun können: "Wenn sie sich kultivieren wollen, müssen sie einen menschlichen Körper haben. Eben darin liegt eine der Ursachen, daß Anhänger von Tieren besessen sind" (S. 106).

"Besonders die falschen Qigong-Meister haben alle solche Lebewesen an ihren Körpern. Beim Verbreiten des Qigong können sie nur solche Dinge weitergeben. In der Geschichte war es einem Tier nicht erlaubt, sich an die Menschen zu heften. Wenn es sich anzuheften wagte, wurde es sofort getötet. Aber in unserer heutigen Gesellschaft gibt es Leute, die es anflehen, gerne haben und ihm Opfer bringen " (S. 107).

5. Erste Wirkung der Kultivierung: Heilung von Krankheiten

Laut Li ist die Krankheit Folge und Symptom einer Schuld und kann nicht ohne Sühne dieser ihr zugrundeliegenden Schuld geheilt werden. Die Behandlung einer Krankheit, falls überhaupt erfolgreich, ohne entsprechende Sühne würde nur eine andere Form von Leiden auslösen. "Wenn du jetzt nicht leidest, wirst du in Zukunft leiden; oder das Yeli wird umgewandelt, das heißt: wenn du nicht krank wirst, wirst du Geld verlieren oder irgendein Unheil haben" (S. 79).

"Wie allen bekannt ist, ist ein Patient zu siebzig Prozent geistig krank und zu dreißig Prozent physisch krank. Normalerweise ist ein Mensch zuerst geistig angegriffen" (S. 193). Die Kultivierung der geistigen Natur könnte den gesundheitlichen Zustand des Menschen verbessern und Krankheiten heilen: "Denkt mal, achtzig oder neunzig Prozent von denen, die unseren Kurs besucht haben, sind nicht nur von ihren Krankheiten genesen, sondern sie haben auch die Kultivierungsenergie entwickelt" (S. 226). Diese therapeutischen Erfolge müssen aber eher relativiert werden, wenn man berücksichtigt, dass richtig kranke Menschen zu den Kursen nicht zugelassen werden: "Den Schwerkranken erlauben wir nicht, in unseren Kurs zu kommen, weil sie ihre Gedanken, Krankheiten zu heilen, nicht lassen können. Sie können die Gedanken über ihre Krankheiten nicht loswerden. Sie sind schwer krank und fühlen sich unwohl, wie können sie denn darauf verzichten?" (S. 38).

Li formuliert aber auch eigenartige Vorstellungen über die Krankheit: körperliche Krankheiten, wie sie uns und unseren Untersuchungsmethoden erscheinen, sind nur eine Wiederspiegelung von bösen Lebewesen (Lingti), die in einer anderen Dimension existieren. Nur der Meister kann diese Lebewesen sehen, packen und entfernen: "Ein Patient z.B. ist herzkrank. Wenn die Hand in diesem Raum, auf sein Herz abzielt, greift, kommt die Hand in dem anderen Raum schon in sein Herz hinein. Im Nu wird das intelligente Lebewesen gepackt, die Hand draußen kommt hinzu und arbeitet mit der anderen Hand zusammen, so kann das Lebewesen nicht mehr herauskommen. Es ist so wild, dass es sich in den Händen bewegt, bohrt und manchmal beißt, und es kann manchmal noch heulen. Wenn es sich in den Händen befindet, sieht es sehr klein aus, wenn es aber losgelassen wird, kann es sehr groß werden" (S. 261) .

6. Weitere Wirkung der Kultivierung: Erwerb von "Kultivierungsfunktionen", d.h. von übernatürlichen Fähigkeiten

Die Kultivierung der geistigen Natur erlaubt die Überwindung des Zustandes des "normalen Menschen" und den Erwerb von besonderen Fähigkeiten, die Li "Kultivierungsfunktionen" nennt, wie die Öffnung des Himmelsauges, die Weitsicht, die Schicksalsvoraussage und weiter Levitation, übernatürliche Kraft, Verzögerung bis zum Stillstand des Alterungsprozesses:

a) "Öffnung des Himmelsauges": Li meint, dass die Sehnerven in der Zirbeldrüse enden, wo die übertragenen Impulse zu Bildern bearbeitet werden, aber "Beim Öffnen des Himmelsauges bohren wir einen Kanal an der Stelle zwischen den Augenbrauen, damit die Zirbeldrüse direkt nach außen sehen kann, ohne dass die Sehnerven dabei gebraucht werden. Das nennen wir Himmelsauge öffnen" (S. 47).

"Dieses Auge erzeugt keine Trugbilder, wie es unsere fleischlichen Augen tun. Es kann das wahre Wesen der Dinge wahrnehmen" (S. 48). Erst durch das Himmelsauge wäre es u.a. möglich, die weiße und die schwarze Substanz sowie die Bewegung der Energie Qi im Körper zu sehen (vgl. S. 292).

b) Weitsicht: es gibt "an der Stirn des Menschen einen Spiegel, der bei demjenigen, der kein Qigong praktiziert, zugeklappt ist. Bei dem sich Kultivierenden ist der Spiegel aufgeklappt. Wenn die Funktion der Weitsicht entsteht, kann sich der Spiegel drehen" (S. 59), der Anhänger kann somit Sachen sehen, sowohl hinter dem Rücken wie in großer Entfernung. Es handelt sich um Fähigkeiten, "mit denen du Dinge durch die Mauer sehen und den menschlichen Körper durchleuchten kannst" (S. 48).

c) Schicksalsvoraussage: "Der Mensch hat an seiner Stirn einen kleinen Bildschirm, der wie der eines Fernsehers aussieht" (S. 66), "Auf diese Weise kann die Zukunft oder die Vergangenheit eines Menschen gesehen werden, sogar sehr genau" (S. 66), wobei die Genauigkeit der Schicksalvoraussage vom Grad der Kultivierung abhängt.

d) Levitation: Li erwähnt, dass es im Körper unzählige Meridiane gibt, wo eigentlich Energie fließen sollte, deren Zirkulation aber bei den "normalen Menschen" gestört ist. Wegen der mikro-makrokosmischen Entsprechungen werden einige Meridianenkonstellationen kleiner und großer Himmelskreis genannt. Durch die Öffnung der Meridiane sollte auch der Anfänger eine positive Wirkung spüren: "du wirst dich ganz leicht am Körper fühlen, […] Beim Radfahren fühlen sie, als ob jemand das Rad schöbe. Beim Treppensteigen fühlen sie sich auch nicht müde, wie hoch das Haus sein mag" (S. 295). Der Anhänger, der bestimmte Meridiane geöffnet hat, könnte in der Luft fliegen: "Ich sage euch, dass ein Mensch, dessen grosser Himmelskreis geöffnet ist, in die Luft steigen kann" (S. 292).

e) übernatürliche Kraft: die Steigerung der Energie im Körper verleiht auch viel Kraft. "Als er (ein Kursteilnehmer) einmal in einem Warenhaus ein Kinderfahrrad kaufte, wollte er mal mit der Hand die Festigkeit des Fahrrades überprüfen. Als er mit der Hand auf das Fahrrad drückte, ging das Fahrrad mit einem Knall auseinander. […] Wenn man diese Kultivierungsfunktion gut gebrauchen kann, kann man Stein mit der Hand pulverisieren" (S. 228).

f) Verzögerung des Alterungsprozesses: der Körper bleibt jung, "Deshalb kann dieser Mensch von da an nicht mehr älter werden, seine Zellen werden nicht absterben. So kann er immer jung bleiben. In dem Prozeß der Kultivierung sieht er jung aus. Schließlich bleibt er immer unverändert in diesem Zustand" (S. 70). Dieser Körper ist auch unverletzlich: Wenn ein Auto einen Falun Gong-Anhänger anfährt, kann das Auto schwere Schäden davon tragen, während der Anhänger unversehrt bleibt (Vgl. S. 122).

7. Einige kritische Überlegungen

Die Falun-Gong-Lehre hat manche positive Ansätze, z.B. die Betonung der moralischen Haltung, der Überwindung des Egoismus, der Verantwortung für die eigenen Handlungen, die Notwendigkeit der Sühne für die bösen Taten. Li scheint auch darüber besorgt, dass der kommunistische Materialismus durch eine andere Form von Materialismus ersetzt wird, dass die Massenmedien Gewalt, Pornographie und lasterhafte Verhaltensweisen verbreiten. Diese Elemente können aber die problematischen Aspekte nicht vertuschen. Die moralische Einstellung ist z. B. im Dienst einer besonderen Kultivierung: "Der Teil der Kultivierung, den wir unter den normalen Menschen verbreiten, gehört zwar nicht zur Religion, aber er dient dem gleichen Ziel, zur Erleuchtung, zur Erlangung der übernatürlichen Kräfte und zur Perfektion der Kultivierung zu kommen" (S. 92).

Diese These muß näher erörtert werden, weil es schließlich auch darum geht, ob diese Meditationspraxis, als eine nicht religiöse, für Christen bedenkenlos ist. In der deutschen Internetseite www.falundafa.de, im Absatz "Was ist Falun Dafa?", wird festgehalten: "Als eine Meditationspraxis hat Falun Dafa keine religiösen Formen, keine Rituale oder Anbetung". Es gibt sicher Menschen, die vom Falun Gong nur die Körperübungen übernehmen und dem Studium des Gebots keinen großen Wert beimessen, das wird aber von Li sehr kritisiert, weil man auf die Kultivierung der geistigen Natur nicht verzichten kann. Ohne auf die Frage, ob Falun Gong eine Religion sei, systematisch einzugehen, können einige Punkte festgehalten werden:

-   Der Aussage, dass Falun Dafa keine religiösen Formen hat, wird durch andere Aussagen widersprochen, wenn Li oder seine Anhänger versuchen, ihre Lehre von anderen Schulen abzugrenzen; so betont Li zum Beispiel: "Wenn jemand keinen Wert auf die Verbesserung der Xinxing legt, wird er kein besseres Resultat erzielen, als wenn er Gymnastik treibt" (S. 118).

-   der Kultivierungsweg wird von Li immer wieder als ein buddhistischer bezeichnet. "Ich bin der Meinung, dass Bücher anderer Religionen, insbesondere Bücher des Buddhismus, die Menschen lehren, wie die Xinxing kultiviert wird. Unsere Schule ist auch buddhistisch" (S. 224). Li zählt hier den Buddhismus zu den Religionen und bezeichnet die eigene Schule als buddhistisch. Nach den Prinzipien der Logik dürfte man aus den Sätzen "der Falun Gong ist eine buddhistische Schule" und "der Buddhismus ist eine Form von Religion" schließen können, dass auch der Falun Gong doch etwas mit Religion zu tun hat;

-   wenn der Falun Gong jedem Menschen die Möglichkeit bietet, "sich im Rahmen seines normalen Lebens auf eine höhere Daseinsebene zu kultivieren und sich selbst zu erlösen" (Aus dem Vorwort des Übersetzers zur deutschen Ausgabe von Zhuan Falun, nicht numerierte Seite), haben wir es mindestens mit einer Erlösungslehre zu tun, genauer mit einer "Selbsterlösungslehre";

-   die Dafa-Jünger werden von Li als Gottheiten bezeichnet: "Ihr seid eben Gottheiten, ihr seid eben zukünftige Herren verschiedener Kosmen, auf wen hofft ihr? Alle Lebewesen hoffen auf euch!" (Li, Fa-Erklärung auf der Fa-Konferenz 2002 in Philadelphia in den USA, 30.11.2002, S. 7)

-   wenn, wie Li zugibt, Kultivierung und Religion diesselben Ziele verfolgen, wird es unvermeidlich Überlappungen geben mit der Möglichkeit von Konflikten bezüglich Ziele und Praktiken. Denken wir zum Beispiel, wie vieldeutig der Begriff Erleuchtung sein kann;

-   der Falun Gong setzt, unabhängig ob man dabei von Religion reden will oder nicht, eine Reihe von Theorien voraus, die mit dem christlichen Glauben unvereinbar sind, wie zum Beispiel, dass der Mensch eine Haupt- und eine oder mehrere Nebenseelen besitzt (vgl. S. 102), den Glauben an die Reinkarnation, die Vorstellungen über die Erlösung, die Theorie, dass der Kosmos von großen Erleuchteten geschaffen worden ist (vgl. S. 170) usw.;

-   Li denkt, dass ein Anhänger nur die Anweisungen des Falun Gong befolgen darf: "Wenn du dich kultivieren willst, mußt du dich auf einen Weg konzentrieren. Sonst kannst du überhaupt nichts erreichen. […] Deshalb muß hier die ausschließliche Konzentration auf einen Weg betont werden. Selbst die Gedanken an andere Kultivierungswege dürfen nicht in unseren Weg vermischt werden" (S. 93). An einer anderen Stelle erwähnt Li: "Wenn du wirklich den Falun-Xiulian-Dafa kultivieren willst, dann geh nicht andere Vorträge hören" (S. 221). Laut Li können Religionen schon einem "normalen Menschen" zur Kultivierung verhelfen, diese bleibt aber auf einer niedrigen Stufe und das, was für einen normalen Menschen einen Fortschritt ist, wäre ein Rückschritt für einen Falun Gong Anhänger;

-   Li beschreibt Jesus als einen Erleuchteten: "Jesus befindet sich auf der Kultivierungsebene von Tathagata und ist Erleuchteter in der Buddha-Welt" (Falun-Buddhagebot, S. 5), er meint aber auch: "Es gibt unzählige Buddhas, die über der Ebene des Tathagatas stehen" (S. 166). Jesus hätte nur die niedrigste Stufe der Erleuchteten erreicht und auch das Christentum wäre, wenn überhaupt, nur eine Unterstufe des Buddhismus: "Viele Religionen im Westen, wenn man sie auf einer sehr hohen Ebene kultiviert, werden der buddhistischen Schule zugeordnet. Sie gehören auch zur buddhistischen Schule. Es gibt nur zwei große Systeme (nämlich Buddhismus und Taoismus)" (S. 164).

-   Li behauptet, dass die Erlangung "übernatürlichen Kräfte" zu den gemeinsamen Zielen von Religionen und Falun Gong gehört. "Übernatürliche Kräfte", wie sie von Li beschrieben werden, entsprechen aber eher dem, was man normalerweise unter Magie versteht, einzelne werden sogar von der Heiligen Schrift und vom Katechismus der Katholischen Kirche (siehe z.B. KKK 2115-2117) ausdrücklich verboten. Sie sind, entgegen der Meinung von Li, keinesfalls ein Ziel der Religionen, mindestens nicht des Christentums.

Li selber beschreibt auch seinen Kampf mit besonderen Mitteln gegen einen Meister, der gegen ihn Unruhe stiftete: "Durch die Hua-Gong, eine Art äußerst starker Kultivierungsfunktionen, habe ich seinen Unterkörper zu Wasser geschmolzen. Und sein Oberkörper ist zurückgelaufen". Dieser Meister agierte aber unbeirrt gegen Li weiter: "Weil er immer Schlechtes tat und meine Tätigkeiten zur Verbreitung des großen Gebots sabotierte, habe ich ihn voll und ganz vernichtet" (S. 187).

Die übernatürlichen Kräfte, die durch die Kultivierung erlangt werden sollten, wirken auch nicht immer besonders spirituell oder mystisch:

- "Wenn es keinen Fernseher gäbe, könnte man einen aber vor seiner Stirn haben. Man könnte alles sehen was man wollte. […] Wenn man da sitzt, kann man schon in die Höhe schweben, so braucht man keinen Fahrstuhl mehr" (S. 268).

- "Ich würde sagen, dass einer, wenn er wirklich Feuer bei der Kultivierung erzeugen könnte (Zouhuo), sehr bewundernswert wäre. Wenn er den Mund öffnet, spuckt er Feuer, wenn er die Hand streckt, gibt er Feuer ab. Beim Rauchen braucht er nur seine Hand zu strecken, dann hat er sein Feuer. Ich würde sagen, das ist eine Art Kultivierungsfunktion!" (S. 201).

- "Nach dem Öffnen des Himmelsauges kann man von einer Seite zugleich die vier Seiten des Menschen ersehen. […] Übrigens kann man noch eine Schicht nach der anderen sehen" (S. 266). Computer-Tomographie, Ultraschall, und Röntgen wären dem Himmelsauge unterlegen: "Mit dem Himmelsauge kann man überallhin gehen, und es verbraucht keine Energie. Die Anlagen sind mit dem Himmelsauge unvergleichbar" (S. 266).

- "Es ist garantiert sicher, dass du nicht zur Kosmetik zu gehen brauchst" (S. 177).

Die "Kultivierungsfunktionen" sollten beweisen, dass der Mensch sich auf eine höhere Daseinsebene kultiviert hat. Man kann sich jedoch fragen, wie hoch diese Ebene ist, wenn die "Kultivierung der geistigen Natur" dazu dient, dass die geistige Vision zum Ersatz eines Fernsehapparates wird bzw. eines Gerätes für Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen, dass das Feuer, das aus dem Erleuchteten ausstrahlt, zum Anzünden von Zigaretten verwendet wird, dass die Levitation Aufzüge überflüssig macht, dass ein gepriesener Vorteil der Verklärung des Körpers darin besteht, dass man nicht mehr zur Kosmetik zu gehen braucht.

8. Schlußfolgerung

Die Falun Gong Meditationspraxis wird häufig als nicht-religiöse Meditationspraxis vorgestellt. Die Lehre ist aber vom Buddhismus und Taoismus inspiriert und das Ziel ist die Kultivierung zum Buddha (S. 352). Es ist durchaus möglich, dass ein Teil derjenigen, die die Körperübungen praktizieren, an den theologischen und philosophischen Grundlagen gar nicht interessiert sind. In seiner Rede in Sydney hat Li dies selber beanstandet: "Ich weiß, dass ein Teil der Anwesenden das Gebot noch nicht studiert hat; ein Teil praktiziert nur die Kultivierungsübungen, und sie legen dem Studium des Gebots keinen großen Wert bei" (Falun-Buddhagebot. Erklärung des Gebots in Sydney, 1998, S. 1). Auch für diejenigen, die nicht unbedingt anstreben, Anhänger des Falun Gong zu werden, besteht jedoch die Gefahr, von der Falun-Gong-Lehre unmerklich einzelne Elemente zu übernehmen, die in Konflikt mit der Nachfolge Christi stehen.

 

Benutzte Literatur:

Bücher

Li Hongzhi, Zhuan Falun (Deutsche Version), Ost-West- Verlag, Bad Pyrmont, 1998.

Li Hongzhi, Das große Vervollkommnungsgesetz des Falun-Buddha-Gebotes, Ost-Zhou-Verlag, Bad Pyrmont, 1998.

 

Weitere Texte

Li Hongzhi, Falun-Buddhagebot. Erklärung des Gebots in Sydney, 1998.

Li Hongzhi, Fa-Erklärung auf der Fa-Konferenz 2002 in Philadelphia in den USA, 30.11.2002.

Römische Kongregation für die Glaubenslehre Schreiben über einige Aspekte der christlichen Meditation, 1989

Pontificio Consiglio della Cultura, Pontificio Consiglio per il Dialogo Interreligioso, Gesù portatore dell'Acqua Viva. Una riflessione cristiana sul New Age. Der Text kann auf der Internetseite des Vatikans, www.vatican.va auf italienisch, englisch, französisch und spanisch gelesen werden. Eine Zusammenfassung des Dokuments ist erschienen in der Deutsche Tagespost vom 15.2.2003, S. 6.

Katechismus der Katholischen Kirche, 1993

Massimo Introvigne, Falung Gong, www.alleanzacattolica.org/idis_dpf/voci/f_falun_gong.htm

(Vobiscum, Publikationsorgan des Erzbistums Vaduz, Postfach 14, FL-9488 Schellenberg, 5. Jahrgang, Nr. 4, 2003, S. 28-40)

 

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